In England werden immer noch die Galgen gewartet, auch
wenn seit 1964 gluecklicherweise keiner mehr benutzt worden ist. In Bulgarien
wurden noch vor kurzem drei Maenner, die "terroristischer Handlungen"
und Sabotage wegen angeklagt waren, zum Tod verurteilt. In den USA bestraft
die Mehrzahl der Staaten Mord und Vergewaltigung mit dem Tod.
Zu den eifrigsten, die Galgen, Gas, elektrischen Stuhl
und Erschiessen als wirkungsvolle Mittel gegen Verbrechen oder auch nur
vermeintliche illegale Taten ansehen, gehoert Taiwan, wo 1990 allein neunundsechzig
Todesurteile ausgesprochen wurden. In Suedafrika werden mindestens hundert
Angeklagte pro Jahr hingerichtet. Verglichen mit China ist das allerdings
gar nichts. Dort wurden allein dreissigtausend Menschen innerhalb des letzten
Jahrzehnts auf hoeheren Befehl umgebracht.
An der Spitze der Laender, die glauben, mit Mord und Totschlag vermeintliche
oder tatsaechliche Verbrechen suehnen zu koennen, steht der Iran. Oftmals
faellt der Richter erst das Urteil, wenn der mutmassliche Verbrecher bereits
tot ist. Als 1979 die Islamische Republik ausgerufen wurde, setzten die
neuen Machthaber besondere Gerichtshoefe ein. Sie untersuchten Faelle von
"Verderbtheit auf Erden" und "Feindschaft gegen Gott".
Darunter fiel so ziemlich jeder, der sich kritisch mit dem neuen Regime
auseinandersetzte oder gar sein Wort dagegen erhob. Ein Verteidiger war
an diesen neuen Gerichten nicht vorgesehen, Zeugen wurden nicht gehoert.
Um den Vorgang zu beschleunigen, las der Richter bisweilen gleich zu Anfang
das vorgefertigte Urteil vor.
Eines der groessten Uebel unserer Zeit ist der Drogenhandel.
In Kolumbien vor allem ist der Drogenkrieg - ein armer Staat gegen eine
reiche Mafia - in vollem Gange. Und schlimmer noch, der Staat muss seine
eigene Bevoelkerung bekaempfen, die Bauern naemlich, die Coca anbauen,
dem Rohstoff, aus dem das in der Partygesellschaft Amerikas und Europas
so beliebte Kokain erzeugt wird. In fuenfundzwanzig Laendern, von Aegypten
ueber Thailand bis zur Volksrepublik China, steht die Todesstrafe auf Drogenhandel
und Drogenmissbrauch. 1989 wurden allein im Iran mehr als tausend Menschen
wegen Verstoessen gegen das Betaeubungsmittelgesetz hingerichtet.
Fuenfundzwanzig Staaten ahnden Drogenmissbrauch mit dem
Tod. Darunter auch Florida, der groesste Umschlagort - die Fernsehserie
"Miami Vice" hat es auf spektakulaere Weise vorgefuehrt - fuer
Rauschgift aus Mittel- und Lateinamerika.
Amnesty sagt, die Todesstrafe widerspricht dem Recht auf
Leben. Sie ist unmenschlich und sinnlos. Sie haelt niemanden von den Verbrechen
ab, und der Verurteilte, der exekutiert wird, hat gar keine Chance, seine
Taten noch einmal zu ueberdenken oder gar sein Unrecht wiedergutzumachen.
Bisweilen artet die Exekution in eine besondere Folter
kurz vor dem Tod aus. In Kuwait zum Beispiel sollte ein Mann gehenkt werden.
Normalerweise bricht sich der Verurteilte beim Sturz, den der Strick um
den Hals aufhaelt, das Genick. Dieser Gepeinigte aber musste doppelt leiden.
Er war nicht schwer genug. Neun Minuten lang hing er, bis er starb.
In manchen Laendern wird der langsame Tod systematisch vorbereitet. Im afrikanischen
Staat Niger ordneten die Behoerden an, dass Angeklagte, die des bewaffneten
Raubueberfalls ueberfuehrt worden waren, leiden sollten. Sie wurden umgebracht,
indem man ihnen erst in die Fuesse schoss und dann, nach einiger Verzoegerung,
ihren Leib mit Kugeln durchsiebte. Das islamische Strafgesetz schreibt
ausdruecklich vor, wie das Steinigen vor sich zu gehen hat: Die Steine
sollen nicht zu gross sein, dass die Person sofort stirbt, aber sie duerfen
auch nicht zu klein sein, damit sie ihr Ziel nicht verfehlen.
Die Todesstrafe ruft Schadenfreude, gar Brutalitaet anderer
Art hervor. John Spenkeling wurde in Florida auf den elektrischen Stuhl
gesetzt. Das ganze Land sprach davon. Am Morgen sagte der Discjockey im
Radio: "Hey Spenkeling, du Made, hoerst Du mir zu? In zirka vierundzwanzig
Stunden wirst du braten, du Made! Du wirst braten. Und kein noch so mitleidiges
Herz kann dir helfen. Mach dich mit dem Gedanken vertraut. Stell dir vor,
wie du zuckst."
1987 wurde eine Studie in den USA veroeffentlicht, die
nachwies, dass dort allein dreiundzwanzig Personen hingerichtet worden
waren, deren Unschuld spaeter bewiesen werden konnte. Die Experten der
UNO stellten schon 1980 fest, dass die Todesstrafe eine grausame, unmenschliche
und erniedrigende Strafe darstellt und sie - selbst in Anbetracht des zu
bestrafenden Verhaltens - nicht akzeptiert werden koenne.
"Trotz ausgedehnter wissenschaftlicher Untersuchungen,
mit dem Ziel die abschreckende Wirkung der Todesstrafe zu belegen, konnte
kein Beweis fuer deren Wirksamkeit erbracht werden", hiess es in dem
Bericht. "Es scheint zu einer wichtigen Aufgabe fuer Regierungen,
Universitaeten, die Massenmedien und andere auf die Oeffentlichkeit ausgerichtete
Organisationen zu werden, die Allgemeinheit darueber aufzuklaeren, wie
ungewiss die abschreckende Wirkung der Todesstrafe ist."
Obwohl zum Beispiel im Iran viele Drogendealer getoetet
worden sind, haelt der Handel mit Opium, Heroin und Marihuana an. Auch
in Malaysia warten die Behoerden noch immer auf die abschreckende Wirkung
ihrer unmenschlichen Taten. So sagte Malaysias Premierminister vor der
UNO-Vollversammlung, sein Land habe in Uebereinstimmung mit seinen Gesetzen
Drogenhaendler gehenkt und es werde damit fortfahren: "Kriminelle
werden nur dann mit ihren Untaten aufhoeren, wenn sie wissen, dass sie
nicht leben werden, um ihre schmutzigen Gelder zu geniessen." Ob solch
markiger Worte vermutet Amnesty, dass es weniger darum geht, den Verkehr
der Gifte tatsaechlich einzudaemmen, als vielmehr Erfolge vorzuweisen.
Und schlimmer noch. Amnesty International kennt Faelle, in denen unliebsamen
Oppositionellen, vor allem aus dem Bereich der Kirche, Drogenvergehen in
die Schuhe geschoben wurden. Damit konnte man die Gegner mit allem Recht
aus dem Weg raeumen. In einer Broschuere von Amnesty ist auf den Punkt
gebracht, was dies bedeutet: "Diese Taktik hat den doppelten Vorteil,
dass einerseits den Exekutionen ein scheinbar rechtmaessiges Gerichtsverfahren
vorangestellt wird, und andererseits, dass die politischen Gegner somit
als Rauschgifthaendler dastehen und nicht mehr als Maertyrer gefeiert werden
koennen." Die Todesstrafe ist schlimm. Sind die Delinquenten einmal
hingerichtet, bleibt nur noch die Klage und die Empoerung. Der Mensch ist
nicht mehr zu retten.
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Hinrichtung in China
Juli 1989
In 10 Jahren 30.000 Menschen ermordet
Hinrichtung in China
Juni 1989
Nach den Demonstrationen
Exekutionskommando
Iran 1987
Kurdische Rebellen
Was ist mit Deutschland?
Verfassung des Deutschen Reiches (Paulskirchenverfassung) vom 28. März 1849
§139 [Todesstrafe, Züchtigung]
Die Todesstrafe, ausgenommen wo das Kriegsrecht sie vorschreibt oder das Seerecht im Fall von Meutereien sie zuläßt, sowie die Strafen des Prangers, der Brandmarkung und der körperlichen Züchtigung sind abgeschafft.
Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland vom 23. Mai 1949
IX. Art. 102 [Abschaffung der Todesstrafe]
Die Todesstrafe ist abgeschafft.
Und anderswo?
STRICK
E-STUHL
INJEKTION
EXEKUTION
GASKAMMER
STEINIGUNG
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