Hinrichtungstag .
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Im Herbst 1983 begann in China eine landesweite Kampagne zur Verbrechensbekämpfung. Während dieser Zeit wurden tausende Menschen zum Tode verurteilt und hingerichtet. Ein Teil dieser Hinrichtungen fand öffentlich statt. Wie sich dieser öffentliche Strafvollzug in China zuträgt zeigt der folgende Bericht eines heute in den USA lebenden chinesischen Hochschullehrers, der unter dem Pseudonym Liu Fong Da schreibt. Er beschreibt, wie am 23. September 1983 in Zhengzhou, der Hauptstadt der Provinz Henan, 45 Menschen öffentlich exekutiert wurden.

Im Herbst 1983 leitete ich eine Studentengruppe bei der Feldarbeit in der Nähe von Zhengzhou. Am 23. September waren wir nicht wie gewöhnlich aufs Feld gegangen, sondern analysierten in unserem Wohnheim Bodenproben, als gegen 10.30 Uhr einer der Studenten in mein Zimmer kam. Er bat mich, zu einer Parade gehen zu dürfen, die gleich beginnen sollte. Ich war neugierig geworden und ging mit. In der 1,5-Millionen-Stadt waren Arbeit und Unterricht augenscheinlich überall unterbrochen. Im nachhinein schätze ich, daß annähernd die Hälfte der Einwohner auf der Straße stand. Sie drängten sich auf jeden verfügbaren Fleck. Soldaten und Polizisten sperrten einen Fahrweg frei.

An der Menge erwartungsvoller Menschen, die auf die Straße strömten, war abzulesen, daß die Bevölkerung seit langem gewußt hatte, daß eine Hinrichtung bevorstand. Die Nachricht muß von den Führungskadern der Stadt wohl nach unten weitergegeben worden sein. Offenbar wollte die Partei mit dieser Vorführung den Leuten ein "Augenglück" bereiten. Von "Augenglück" reden wir in China, wenn wir etwas Besonderes gesehen haben.

Plötzlich ging ein Ruf durch die Menge: "Es geht los!", und alles erstarrte. Zuerst das Geräusch von Motorrädern. Etwa 15 bewaffnete Polizisten kamen auf zwei- oder dreirädrigen Maschinen langsam in Sichtweite. Dann folgte die Hauptattraktion: 45 Pritschen-LKW rollten im Schrittempo vorbei. Vorne auf jeder LKW-Pritsche standen die Verurteilten, jedem zur Seite zwei Polizisten. Die Gefangenen waren gefesselt, auf dem Rücken trugen sie kleine, längliche Schilder. Auf der oberen Hälfte jedes Schildes stand eine Anklage: "Dieb", "Mörder", "Vergewaltiger", auf der unteren der Name des Angeklagten, durchkreuzt von einem großen "X".

Einige der Gefesselten hielten die Köpfe gesenkt, andere trugen sie aufrecht, trotzig, manche weinten unverhohlen. Etliche bewegten ihre Köpfe hin und her, als wäre die ganze Szene unwirklich.

Auf diese Weise Kriminelle vorzuführen ist eine weit in den chinesischen Feudalismus zurückreichende Praxis. 2000 Jahre lang wurde man dazu erzogen, einen solchen Agenblick als "Augenglück" zu schätzen.

Der Zug wand sich nur langsam durch die Hauptstraße, an jeder Biegung mehr Schaulustige im Gefolge. Als er den Stadtrand erreichte, stolperten und schwitzten, keuchten und rannten bestimmt 100 000 Menschen hinter den 45 LKW. Ich ging mit. Wir wußten alle, daß der Höhepunkt noch ausstand.

Fünf Kilometer außerhalb Zhengzhous weitet sich ein trockener Bachlauf in einem Maisfeld. Das Bett mißt an dieser Stelle ungefähr 200 mal 400 Meter. Ein bis zwei Meter hohe, gelbe Uferwände bilden ein natürliches Amphitheater. Bis an den Uferrand wächst mannshoch Mais. Den Grund bedeckt Gras. Hier sollten die Hinrichtungen stattfinden. Eine Reihe von Pfählen, von l bis 45 durchnumeriert, war aufgestellt worden. Rund 5 Meter vor jedem Pfahl war ein l Meter durchmessendes Loch auf etwa 15 Zentimeter ausgehoben. Weiß-blau uniformierte Polizisten riegelten die Uferränder ab. Die Führungskader der Stadt, die in ihren Dienstwagen der Parade gefolgt waren, beaufsichtigten die Vorbereitungen, während die gefesselten Männer vor den LKW warten mußten. Plötzlich schossen drei rote Leuchtsignale in den Himmel. Die Gefangenen mußten rasch die Rampe hinuntermarschieren, die Schilder noch immer auf den Rücken, eskortiert von jeweils zwei Polizisten. Einige der Gefangenen mußten an ihren Platz geschleppt werden: Ihnen hatten vor Angst die Beine versagt. Als der letzte der Verurteilten seinen Platz erreicht hatte, stiegen drei grüne Signale auf. Es erschienen Grünuniformierte, die, mit Gewehren bewaffnet, ins Bachbett einmarschierten. Jeder bezog Posten hinter einem Verurteilten. Kaum stand der letzte von ihnen still, erschienen drei gelbe Signale. Die Begleitpolizisten zwangen ihre Gefangenen auf die Knie und traten zur Seite weg. Synchron schritten die Grünuniformierten vor, um ihre Gewehrläufe in weniger als einem halben Meter Abstand auf die Hinterköpfe der Knienden zu richten. 45 Schüsse krachten gleichzeitig. Die Körper ruckten und sanken nach vorn ins Gras. Blutige Fetzen folgten zu beiden Seiten der Löcher.

Eskorten formierten sich, marschierten zügig zu den LKW und wurden weggefahren. Sie hatten ihren Auftrag ausgeführt. Jetzt kamen weißbehandschuhte Polizisten die Rampe herab, verharrten bei jedem Körper und hefteten eilig Notizen an mitgebrachte Klemmbretter. Einige der Körper, die nicht genau getroffen waren, zuckten und bebten noch. Die Polizisten erschossen sie mit Pistolen.

Am Fuß der Rampe warteten derweil noch die Kader; sie fuhren nach kurzer Beratung und einem Blick auf ihre Uhren schließlich auch Richtung Stadt zurück. Die Weißbehandschuhten folgten auf zwei der übrigen LKW.

Ich verließ rund eine Stunde später mit dem größten Teil der Leute den Schauplatz. Noch gegen Mitternacht sollen einige Tausende die Leichen angestarrt haben; weitere Schaulustige stießen später noch dazu.

Am nächsten Tag hingen überall in der Stadt Aushänge mit Fotos der Leichen. Täter und Taten wurden beschrieben. Sonst war über die Toten kaum etwas bekannt. Die Leichen der meisten Erschossenen wurden drei Tage nach der Hinrichtung irgendwo beiseitegeschafft. Nur wenige der Toten wurden von ihren Angehörigen bestattet. Zwar kostet formal die Übernahme der Leiche die Familie nur eine geringe "Kugelgebühr", aber die Herausgabe zu fordern könnte als Sympathiebekundung ausgelegt werden. So stand man also vor den Aushängen und schwatzte über das Unglück der Familienangehörigen.

Viele hatten "Augenglück" gehabt.

Fragen wurden nicht gestellt.

Zweimal noch in jenem Herbst wurden in Zhengzhou Menschen öffentlich erschossen.



Hinrichtungstag in Zhengzhou,
China 1983


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In Anwesenheit Hunderter Menschen, darunter Schulkinder, werden Gefangene zum Tode verurteilt.

Derartige Massenversammlungen dienen der öffentlichen Anprangerung der von den Verurteilten begangenen Straftaten.


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Die Gefangenen werden auf Lastwagen zum Hinrichtungsplatz gefahren. Die großen chinesischen Zeichen bedeuten Todesstrafe.

Auf diese Weise Kriminelle vorzuführen ist eine weit in den chinesischen Feudalismus zurückreichende Praxis.


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Ein verurteilter Mann kniet zur Exekution auf dem Boden. Der Soldat hinter ihm hält ihm die Gewehrmündung ins Genick. Das Schild um den Hals des Gefangenen weist ihn als Mörder aus:

Sein Name ist bereits durchgestrichen.




RESULTAT:

100 000 mal
AUGENGLÜCK
und
45 EXEKUTIERTE


... Einige der Körper, die nicht genau getroffen waren, zuckten und bebten noch. Die Polizisten erschossen sie mit Pistolen ...



Warum ein Ereignis von 1983 erst am 09.09.1999?

Genau genommen habe ich gar keine Zeit, denn unaufhaltsam rücken zu diesem Zeitpunkt die letzten zwei Prüfungen vor dem Vordiplom heran. Doch statt zu lernen vertiefte ich mich in diese Geschichte von Liu Fong Da :-) die mich dann schwer beschäftigt hat. Und die ich als zeitlos bezeichnen möchte.

In China gibt es kaum Schutzgarantien, um die Durchführung fairer Gerichtsverfahren sicherzustellen. Zum Tode verurteilte Gefangene werden vor ihrer Hinrichtung öffentlich gedemütigt.

Hinrichtungen gibt es hier auch aufgrund folgender Straftaten:
Diebstahl, Unterschlagung, Korruption, Bestechung, Schmuggel, Betrug.



MAKABER ABER WAHR

JEDER FALL KÖNNTE EIN IRRTUM SEIN

KAUM INTERESSE FÜR GERECHTIGKEIT

MENSCHENRECHTE IN CHINA?

DIE TODESSTRAFE ALS ENTERTAINMENT?
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 AIRPORT1 - 09.09.99